Wer kennt das nicht: Der Bereich Forschung & Entwicklung präsentiert voller Stolz das neueste, innovativste Produkt aller Zeiten. Das Management ist begeistert, die Produktion hatte auch schon so etwas gerüchteweise gehört und der Vertrieb, der seit „Jahren“ auf genau dieses Produkt gewartet hatte, ist komplett überrascht. Wer behauptet, dies sei ein wenig überzogen, sei nur an die Einführung der ersten CDs erinnert. Und die Geschichte geht weiter…
Inventionen vs. Innovationen
Denn zu häufig wird der Grad der Innovation auf die Invention begrenzt, also auf die rein funktionale Verbesserung eines Aspektes (siehe hierzu auch „Wie Innovationen gelingen können (Teil 1)”). Zu häufig wird dabei vergessen, dass diverse Prozesse zur Markteinführung angestoßen und gegebenenfalls angepasst werden müssen; ja manchmal müssen neue Vertriebskanäle sogar erst geschaffen werden.
Nur eine verkaufsfähige Idee ist eine Innovation, alles andere bleibt eine Invention. Woran liegt es, wenn zwar neue Ideen oder neue Gegenstände das Licht der Welt erblicken, aber keine vermarktbaren Produkte und Prozesse daraus entstehen? Mein Eindruck ist, die weitverbreitete Ansicht, Innovationen seien in der F&E-Abteilung zu finden, fördert diese Diskrepanz. Forschung & Entwicklung ist – geht es um Innovationen – einer der wichtigsten Bereiche, keine Frage. Das heißt aber noch nicht, dass F&E zwingend das Management von Vertriebsanforderungen, technischen Spezifikationen, beschaffungstechnischen Fragen, Produktionsfähigkeiten und marktspezifischen Produkteinführungen übernehmen muss.
Sonst passiert leicht folgendes: Der fertige Prototyp liegt auf dem Tisch und alle schauen sich fragend an, wie man diesen am besten verkauft. Ein solches Dilemma lässt sich verhindern.
Detaillierter Prozessplan notwendig
Nach meiner Erfahrung ist es dabei dienlich, einen gemeinsamen Prozessplan zu haben, der en detail festlegt, welche notwendigen Schritte zu gehen sind. Und je mehr Schritte überdacht und aufgenommen wurden, umso wahrscheinlicher ist es, dass das Produkt gut im Markt eingeführt werden kann. Kritische Stimmen führen gegen diesen Vorschlag ins Feld, das sei alles zu arbeitsaufwendig, zu bürokratisch und zeitfressend. Man wolle ja auch noch etwas entwickeln. Allerdings zeugt dieser Einwand eher von Bequemlichkeit und Ignoranz. Das menschliche Gehirn kann nicht mal schnell 600 bis 800 Prozessschritte im Kopf durchlaufen, alle möglichen Konsequenzen bedenken und eine tragfähige Entscheidung treffen.
Ist also der Weg in die „Bürokratie“ via Prozessplan erforderlich? Wer je mit dem Flugzeug gereist ist, der hegt wohl, wie ich, die Hoffnung, der Pilot habe vor dem Start seine Check-Liste von A bis Z strukturiert und sorgfältig abgearbeitet. Bei Innovationsprojekten ist es nicht anders: Sie brauchen eine „Check-Liste“, sonst werden aus neuen Ideen und Gegenständen keine wirtschaftlich erfolgreichen Produkte.
Oder möchten Sie einen Piloten haben, dem kurz vor der Landung das Kerosin ausgeht? Im übertragenen Sinne gilt: So jemanden können Sie als Projektmanager Ihrer Innovationsprojekte nicht gebrauchen.
Guten Flug!
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