Unternehmenstransaktionen: Offene und ehrliche Kommunikation entscheidend

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Ende Januar habe ich in einem Beitrag für diesen Blog die aus meiner Sicht wichtigsten Aspekte für das Gelingen von Unternehmenstransaktionen beleuchtet. In dem nachfolgenden Interview geht es noch einmal um dieses Thema – und vor allem darum, wie wichtig Kommunikation ist.

Guido Beyß

Guido Beyß

Herr Beyß, wie viele Übernahmen und Fusionen haben Sie bereits begleitet, und welche zentrale Erfahrung haben Sie gemacht?

Beyß: Ich war bei etwa einem halben Dutzend Akquisitionen von Anfang an involviert. Bei den Zielunternehmen handelte es sich zumeist um mittelständische und eigentümergeführte Unternehmen. Die wichtigste Erfahrung, die ich in diesem Zusammenhang gemacht habe, ist eine sehr einfache: Es kommt auf die Kommunikation an.

Welches sind in Ihren Augen die häufigsten Fehler in der Post-Merger-Integration-Phase?

Beyß: Der Begriff „Post-Merger-Integration-Phase“ insinuiert, die Integration beginne nach dem Merger. Das ist ein Irrtum. Der folgenschwerste Fehler ist daher, erst nach der Unterschrift unter dem Kaufvertrag in die PMI-Phase einzusteigen – nach der leider irrigen Vorstellung: Wir haben das Unternehmen gekauft, jetzt muss es nur noch integriert werden. Das ist für mich kein PMI-Plan.

Was erleben Sie dabei in Ihrer beruflichen Praxis?

Beyß: In der Praxis wird häufig versucht, den PMI-Plan in Form von Checklisten zu pressen. Und dann glauben alle: Wir haben alles gecheckt, es kann also nichts mehr schiefgehen. Das geht oft daneben. Denn für eine Akquisition gilt nicht nur, dass sie strategisch – also im Sinne der Geschäftsausweitung – passen muss. Das akquirierte Unternehmen muss auch von seiner Unternehmenskultur integrierbar sein. Dieser Punkt wird meist zu wenig beachtet.

Worauf muss in diesem Zusammenhang besonders geachtet werden?

Beyß: Was im Management einfach als Akquisition gesehen wird, ist für die Betroffenen oft nicht nur mit Hoffnungen und Erwartungen verbunden, sondern auch mit Zukunftsängsten. Diese Zukunftsängste entstehen, wenn sich Menschen in Entscheidungsprozesse nicht mehr eingebunden sehen. Wichtig ist deshalb vor allem, die Beweggründe für Entscheidungen zu erklären. Wird dieser Informationshunger nicht im Sinne einer offenen und aktiven Kommunikation befriedigt, so suchen Menschen in der Regel nach eigenen Erklärungen und Interpretationen – meist leider auf Basis geringer Informationen. Das Ergebnis: Die Gerüchteküche fängt an zu brodeln.

Gilt das für alle Branchen gleichermaßen?

Beyß: Unabhängig davon, ob es sich um produzierende Unternehmen, Vertriebsorganisationen oder um reine Engineering-Unternehmen handelt, ist der springende Punkt: Hinter jedem Unternehmen stecken Menschen, die das Know-how des Unternehmens ausmachen. Das Management kennt in der Regel zwar die Haupt-Leistungsträger, aber auch alle anderen tragen zum Unternehmenserfolg bei. Deshalb ist es wichtig, zu erkennen, welche Mitarbeiter die wesentlichen Wissensträger sind und wodurch diese motiviert werden.

Anscheinend gibt es typische Fehler in der PMI-Phase. Gibt es ein Patentrezept zur Vermeidung?

Beyß: Ein Patentrezept wäre schön, doch so leicht ist es leider nicht. Überhaupt werden sich wohl kaum immer alle Fehler vermeiden lassen. Sie lassen sich aber auf jeden Fall minimieren. Das ist zumindest meine Erfahrung bei Akquisitionen. Es ist schon viel gewonnen, wenn man zwei Prinzipien folgt: Offenheit und Ehrlichkeit.

Das sollte eigentlich selbstverständlich sein.

Beyß: Gewiss, nur wird häufig gegen diese Prinzipien verstoßen. Mit fatalen Folgen! Wie würden Sie sich fühlen, wenn Sie morgen erfahren, Ihr Unternehmen wird verkauft? Sie würden sicher gerne wissen wollen, wie es weitergehen soll, was die zukünftigen Erwartungen, welches die kurz- und mittelfristigen Ziele sind. Ob Ihr Unternehmen zerschlagen werden soll, Ihr Bereich in einen anderen Unternehmensbereich integriert oder sogar verlagert wird, oder was immer sonst an Entscheidendem passiert.

Was ist an dieser Stelle zu tun?

Beyß: Ganz wichtig ist, das oberste Management des Zielunternehmens noch vor dem tatsächlichen Kauf einzubinden. Denn wenn zwei Unternehmen nicht zueinander passen, haben beide Parteien keinen Spaß und somit auch weniger Aussicht auf zukünftigen Erfolg. Deshalb gilt es aus Sicht des akquirierenden Unternehmens, die eigenen Ziele dem oberen Management des Übernahme-Kandidaten vorzustellen und diese zu diskutieren. Dabei ist die gemeinsame Zukunft das Thema! Wie kann man aus 1+1 wirklich 2 machen und nicht 1½? Dies ist eine der Kernaufgaben für das neue Management. Diese Diskussionen sollten nicht in einer Atmosphäre von „Käufer versus Gekaufter“ geführt werden. Es kommt darauf an, als Partner ein neues Unternehmenskapitel zu schreiben und eine neue Herausforderung gemeinsam zu meistern.

Welche Empfehlung geben Sie?

Beyß: Binden Sie das zukünftige Management frühzeitig mit ein und damit meine ich, das des akquirierenden und das des akquirierten Unternehmens. Lassen Sie diese zusammen eine gemeinsame Zukunft entwickeln. So nehmen Sie Ängste, die die Unternehmenskultur negativ beeinflussen könnten; und nur so werden Sie die Potentiale des Unternehmens optimal nutzen.

2 Gedanken zu „Unternehmenstransaktionen: Offene und ehrliche Kommunikation entscheidend

  1. Pingback: Open and honest communication is key – talking to Guido Beyß about M&A transactions | BeyssOnManagement

  2. Zurzeit steht der M&A-Markt unter dem Einfluss der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Die hohe Volatilität an den Märkten und die Unsicherheit insbesondere in Südeuropa stellen M&A-Verantwortliche in deutschen Unternehmen vor viele Fragen. [Quelle: http://www.finance-magazin.de/strategie-effizienz/ma/sicherungsfragen-bei-ma-im-vordergrund/ ]
    Dieser Aspekt der „Offene und ehrliche Kommunikation entscheidend“ gewinnt dadurch mit Sicherheit noch mehr an Bedeutung.

    Gruß,
    W.

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